Wer hätte gedacht, dass sich aus einem spielerischen Kräftemessen an einem entwurzelten Baum die Idee zu einem Maibaum in unserer Waldkindergartengruppe entwickelt?
Dabei wollten wir nur zählen, wie viele Kinder und Erwachsene es bräuchte, um eine umgefallene Fichte wieder aufzustellen. „Des schaut ja aus wia beim „Mai bam Aufstelln.“
Gesagt, getan!
Alle Kinder waren gleich Feuer und Flamme, unseren „sonnigen Buckel“ mit einem Maibaum zu schmücken.
Voller Eifer gingen sie mit aufgekrempelten Ärmeln an die Arbeit und teilten zuerst mithilfe einer Handsäge den Stamm der vom Sturm gefallenen Fichte ab. Ausgerüstet mit Taschenmesser und Zugmesser bewiesen sie Ausdauer und motorisches Geschick beim Entrinden des Baumes.
Um den Maibaum auf unseren Platz am Waldhäuschen zu tragen, packten wir alle an und stellten dabei fest, wie stark wir als Einheit sind. Die Kinder fühlten sich so, als könnten sie nicht nur Bäume, sondern auch Berge versetzen.
Die Frage, warum Dorfmaien traditionell meist blau-weiß gestrichen werden, wurde im Zuge der anschließenden Malarbeiten beantwortet. Doch unser Maibaum glänzt nicht nur mit den bayrischen Farben, an der Spitze tobten sich unsere kleinen Maler kreativ und kunterbunt aus. Verziert mit Baumscheiben, Bändern und Kranz ist dieser Maibaum ein wahres Kunst-werk geworden und vereint Tradition und Individualität.
Nun hieß es, gut auf den heiß begehrten Maibaum aufzupassen, da wir uns über den Brauch des Maibaumklauens sehr bewusst waren. Bis zum Tag des Aufstellens haben unsere kleinen Handwerker um ihren Baum gebangt. Doch als dann endlich der Festtag kam und der Maibaum in unserem Besitz blieb, ersetzten wir ihm zu Ehren, trotz widrigem Wetter, unsere Matschhosen in festliche Lederhosen und fesche Dirndl.
Es erforderte alle Kinder der Waldgruppe, um mit viel Kraft und Geschick den Maibaum aufzustellen. Als unser Werk endlich vollbracht war, fühlten wir alle, dass die Gemeinschaft etwas ganz Besonderes ist. Sie ist ein starkes Gefühl von Verbundenheit und Zusammenhalt, welches die Gruppe dazu bringt, sich füreinander einzusetzen und gemeinsam Großes zu erreichen.
Dafür und natürlich auch für Glück und Segen steht nun unser blau weißer Maibaum am sonnigen Buckel des Waldkindergartens Sonnenblume.
Text: Manou Thorak
Fotos: Kinderhaus Sonnenblume